Am Beispiel von Fortuna Düsseldorf 1895 e.V.
von Christian Lasch
Der alles entscheidende Gesichtspunkt in der Jugendarbeit ist die Beschäftigung mit jedem einzelnen Kind und Jugendlichen, sowohl sportlich als auch menschlich. Wenn ich wichtige individuelle Eigenarten eines Juniorenspielers nicht wahrnehme oder vernachlässige, dann kann ich ihn auch nicht in dem Maße fördern, wie es vielleicht möglich und nötig wäre.
Im pädagogischen Bereich ist hierbei insbesondere eine Zuwendung gemeint, die den Spieler eigenverantwortlich und gemeinschaftsfähig formt und seine lebensweltlichen Probleme berücksichtigt und sich ihrer annimmt. Der pädagogische Bereich ist im Jugendfußball eindeutig eine entscheidend wichtige Komponente, den sportlichen Bereich zu unterstützen und ihm einen soliden Rahmen zu geben.
Im sportlichen Bereich ist es unablässig, die von Spieler zu Spieler unterschiedlichen Entwicklungsbiographien zu berücksichtigen. Wenn beispielsweise ein E-Jugend Spieler außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt und über eine hohe Lernbereitschaft verfügt, dann muss er auch entsprechend trainiert werden. Der eine macht in der E-Jugend einen großen Sprung, der andere in der D-Jugend und noch ein anderer erst in der C-Jugend.
Jeder dieser Spieler hat in sich einen differenten Entwicklungsplan, der von den Trainern berücksichtigt werden muss und respektiert werden sollte.
Aus der Praxis fällt mir hierzu direkt ein Beispiel eines E-Junioren Torwarts ein, der für sein Alter schon unglaublich weit ist, sowohl motorisch als auch kognitiv. Er kann sich nicht nur auf erstaunlich hohem Niveau mit seiner Leistung und seinen sportlichen Zielen auseinandersetzen, sondern ist sogar schon bestrebt Sondertraining zu absolvieren, wenn seine Kameraden trainingsfrei haben.
Jungen Spielern in ihrer Entwicklung gerecht zu werden heißt vor allen Dingen, sich mit ihnen zu beschäftigen und sie nicht anhand eines äußeren Maßstabes zu bewerten oder zu messen, sondern jeden einzelnen anhand seiner spezifischen Möglichkeiten zu messen, zu fördern und auf seinem eigenen Weg voran zu bringen.
Die Methode mit der dies im jeweiligen Trainingsbetrieb ermöglicht werden kann ist im Grunde ganz einfach und doch für viele schwer. Die Methode heißt ganz einfach Menschlichkeit. Als Torwarttrainer versuche ich nicht jemanden darzustellen, der alles weiß und die Wahrheit geschluckt hat, sondern ich versuche auf einer symmetrischen Kommunikationsebene „gelebtes Wissen“ mit den jungen Torleuten gemeinsam zu erarbeiten. Ich versuche, jeden
einzelnen mit in diesen Prozess einzubeziehen, damit sie sich auf diesem Wege mit ihrer eigenen Entwicklung identifizieren.
Der Kerngedanke hierbei ist die Idee, dass sie sich selbst die besten Trainer sind, denn niemand kennt sie besser, als sie sich selbst. Sicherlich brauchen sie viel Anregung, viel Kritik und einen Wegweiser auf ihrem eigenen Weg, doch letztlich müssen und sollen sie lernen, ihren Weg eigenverantwortlich und selbstkritisch zu gehen.
Ich versuche mich überall dort, wo es möglich und nützlich ist, als „allwissenden“ Trainer, den es sowieso nie geben wird, zurückzunehmen, um ein gleich gesinnter und gleich gestellter Partner zu sein – eben ein Torwartkollege mit etwas mehr Erfahrung.
Am einfachsten und nachhaltigsten ist es, sehr viele Einzelgespräche zu führen. Einzelgespräche über Motivation, Ziele, Probleme, Chancen, und ganz besonders häufig über eine professionelle Einstellung und Lebensweise der heranwachsenden Spieler zu führen. Wenn der Spieler erst einmal richtig begeistert werden konnte und gelernt hat, Verantwortung für sich selber zu übernehmen, dann ist das Training nicht ein einseitiger
Monolog von der Seite des Trainers, sondern ein kritischer und fruchtbarer Dialog von Trainer und Torhüter. Das eigentlich wichtigste Training findet meiner Meinung nach nicht auf dem Fußballplatz statt, sondern vielmehr im Kopf und im Herzen des Jugendspielers, in Einzelgesprächen und im gemeinsamen kritischen Dialog. Ohne die richtige innere Haltung und Hingabe zu seinem Sport, wird nie ein großer Kindertraum vom Fußball-Profi in Erfüllung gehen können.
Viele träumen ihr Leben, aber nur sehr wenige leben ihren Traum. Die Aufgabe des Trainers ist es, dem Spieler dabei zu helfen, diesen Traum wirklich aufleben zu lassen.
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